Wir wollen auf diesem Weg die Gründung der AVL – der Antifaschistischen Vernetzung Leipzig – bekannt geben. Wir sind eine Vernetzung unterschiedlicher undogmatischer und antiautoritärer Gruppen sowie Einzelpersonen und werden uns in Zukunft als neue Akteurin in verschiedener Form in Leipzig und der Region einbringen.
In der Frage nach dem Warum wollen wir einerseits auf die Wandlung autoritärer Bewegungen eingehen und anderseits unsere Perspektive auf die bestehenden Verhältnisse innerhalb der antifaschistischen Szene Leipzigs teilen.
Mit dem Beginn der LEGIDA-Proteste 2015 setzte ein Wandel des Protestgeschehens in Leipzig und Sachsen ein. Anstatt der festen Termine rund um den 13. Februar in Dresden, dem 1. Mai in Leipzig und rechter Aufmärsche von NPD und sogenannten „Freien Kräften“, setzen regressive, autoritäre, verschwörungsideologische und rassistische Bewegungen zunehmend auf regelmäßige, häufig wöchentliche Demonstrationen. Außerdem erhalten diese immer stärker einen spontanen und dezentralen Charakter – in diesem Sinne liegt der Fokus nicht mehr auf den Großstädten, sondern verlagert sich genauso auf umliegende Kleinstädte und Dörfer. Hier entziehen sie sich der Beobachtung durch eine breitere Öffentlichkeit, können konkretere Bedrohungsszenarien erschaffen und sehen sich mit einer geringeren antifaschistischen Gegenwehr konfrontiert. Für uns als antifaschistische Bewegung ist diese Entwicklung mit unterschiedlichen Schwierigkeiten verbunden. Der wöchentliche Rhythmus ist kräftezehrend und bringt bspw. nicht jene Erfolgsmomente hervor, die etwa mit der verhinderten „Ami Go Home“-Demo im November 2022 verbunden waren. Die neue Spontaneität und das dezentrale Auftreten erfordern kurzfristige Handlungsfähigkeit und die entsprechende Infrastruktur, um schnell an die Orte des Geschehens zu gelangen. Diese Probleme sind allerdings nur in einer kurzfristigen Perspektive neu. Sie existieren seit Jahren und ebenso lange hat die antifaschistische Bewegung sich damit auseinandergesetzt und teilweise Antworten gefunden.
Angesichts des gegenwärtigen Zustands der antifaschistischen Szene Leipzigs muss allerdings festgestellt werden, dass sich die Situation in den vergangenen Jahren eher verschlechtert, denn gebessert hat. Indem sich Zusammenhänge und Gruppen (z. B. LeA & AKP) aufgelöst haben, hat sich die Szene insgesamt vereinzelt, Verbindungen sind verloren gegangen. Dementsprechend findet eine offensive antifaschistische Praxis, wie sie 2015/2016 noch an einigen Stellen zu finden war, nur noch in einem deutlich geringeren Ausmaß statt. Neben dem zivilgesellschaftlichen Bündnis LNP existiert unserer Meinung nach kein handlungsfähiger Zusammenschluss autonomer und antifaschistischer Bündnisse mehr. Schon 2010 merkte das damals aktive Antifa-Bündnis „Roter Oktober“ selbstkritisch an, dass unter derartigen Bedingungen linksradikale und herrschaftskritische Inhalte Stück für Stück an den Rand gedrängt werden.
Neben der entstandenen Leerstelle in Leipzig sind es sicherlich noch weitere Aspekte, die ursächlich für diese Entwicklung sind: die gesellschaftliche Isolation der antifaschistischen Bewegung, fehlende Vernetzung (besonders auch mit migrantisch organisierten antifaschistischen Gruppen) keine gut funktionierende Wissensweitergabe, die seit weit über zwei Jahren anhaltende intensive Repressionswelle oder auch die immer wieder aufkommende Abwehr feministischer Kritik in von Männlichkeit geprägten Antifa-Zusammenhängen. Mit diesen Aspekten müssen wir uns als AVL auseinandersetzen und werden zu einem späteren Punkt nochmals ausführlicher darauf eingehen. Ebenso werden wir uns nochmals mit einer ausführlicheren Analyse der spezifisch sächsischen Verhältnisse und einem möglichen Umgang als antifaschistische Linke zu Wort melden.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir an dieser Stelle Entwicklungen, auf die wir uns gerne positiv beziehen: so etwa das Wiederaufflammen unversöhnlicher antifaschistischer Praxis im Kontext der verhinderten „Ami Go Home“-Demo im letzten Jahr oder die hohe Bereitschaft der vielen jungen, in den letzten Jahren politisierten Antifas, sich Woche für Woche auf dem Leipziger Ring mit Neonazis und Repressionsapparat zu konfrontieren.
In diesem Sinne wollen wir Bestrebungen anregen, nicht auf die Gründung neuer Gruppen zu warten, sondern selbst aktive und funktionierende Bezugsgruppen aufzubauen – die Grundlage für Selbstermächtigung und eine stärkere Vernetzung. Die AVL denken wir dabei nur als eine von vielen möglichen neuen Strukturen. An der vorgeschlagenen Stärkung von Vernetzung und Koordinierung antifaschistischer Praxis wollen wir uns dabei aktiv beteiligen, indem wir für Leipziger und überregionale Gruppen ansprechbar sind und projektbezogen mit anderen Strukturen zusammenarbeiten.
Wenn ihr uns erreichen wollt:
E-Mail: antifavernetzungleipzig@systemli.org
Blog: antifavernetzungleipzig.noblogs.org
Twitter: @antifa_le
Instagram: @antifa_le
Und ansonsten… sehen wir uns auf der Straße!