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Auswertungstext der „A Monday without you-Demo“ in Zschocher

Am 31.07. hat unter dem Motto „A Monday without you – wer Faschismus sät, wird Antifaschismus ernten“ in Groß- und Kleinzschocher eine antifaschistische Demonstration stattgefunden. Hintergrund für die Demo war die seit über 3 Jahren an Montagabenden über den Innenstadtring laufende faschistische Mischszene,  aus deren Mitte es auch immer wieder zu Übergriffen auf Antifaschist*innen kam.
Mit der Versammlung widmeten wir uns den Ursprüngen und einigen wichtigen Akteur*innen dieser rechten Montagsdemonstrationen. Ziel war es, diese Strukturen in Leipzig-Zschocher aus der Deckung zu holen, Anwohner*innen über ihre Nachbar*innen aufzuklären und Solidarität zu zeigen mit denjenigen, die sich schon lange gegen rechte Raumnahme im Leipziger Südwesten wehren. Das wir hier richtig lagen wurde uns am Startpunk der Demo durch rechte Graffitis, welche in der Nacht zuvor geprüht wurden, deutlich gemacht. In Leipzig, wie in fast allen Städten mit einer größeren linken Szene, gibt es nach wie vor Stadtteile und Regionen, in denen kaum bis nie antifaschistische und linke Versammlungen stattfinden.
Dieser Auswertungstext soll unseren Reflexionsprozess zur Vorbereitung und Durchführung der Demo transparent machen.
Auch wenn es im Vorfeld Kontakt zu Antifaschist*innen in Zschocher gegeben hat, hätten Strukturen aus dem Leipziger Südwesten besser in die Mobi eingebunden werden können und müssen. Gut war, dass eine gemeinsame Anreise angeregt wurde, auch wenn viele Teilnehmer*innen schlussendlich individuell zur Demonstration gekommen sind. 
Froh waren wir über die Resonanz, die die Demo in Zschocher erzielt hat. Die Versammlung hat einige Neonazis aufgescheucht, die das Geschehen aus Seitenstraßen heraus beobachtet haben. Viele Anwohner*innen haben uns Sympathie entgegengebracht  und aus ihren Fenstern oder von ihren Balkonen aus zugehört. Die Redebeiträge waren gut, auch wenn es sicher noch mehr hätte geben können. Informationen über die Gründe der Versammlung hätten bspw. mittels Lautsprecherdurchsagen oder Informationsflyern besser erläutert werden können. 
Die Versammlung wurde ihren gesamten Verlauf über von einer großen Anzahl von Pressevertreter*innen und Fotograf*innen auch aus dem linken Spektrum begleitet. Das haben wir so nicht erwartet und würden uns über eine Absprache im Vorfeld oder zum Demoauftakt am Lauti freuen, (um eine bessere Zusammenarbeit zu garantieren/um uns besser abzustimmen).
Trotz der recht großen Resonanz im Viertel betrachten wir einige Aspekte der Demo kritisch. So haben wir doch weniger Druck auf die adressierten Akteur*innen der rechten Szene ausgeübt, als wir es uns vorgenommen hatten. Außerdem haben wir es nicht geschafft unsere gewünschte Außenwirkung zu erziehlen.
Es gibt Anlässe, da ist ein Auftreten als Blackblock zum Schutz vor Identifizierung und Repression sinnvoll. Bereits im Vorfeld haben wir im Aufruf festgehalten, dass wir das allerdings nicht bei jedem Anlass als gegeben erachten, so wie etwa bei dieser Demonstration in Zschocher. Wenn die völlige Vermummung, ohne wirklichen Grund, zum Selbstzweck verkommt, sehen wir diese als sinnlosen Anlass zur Repression, besonders wenn man als Demo nicht den notwendigen (Selbst-)Schutz vor dieser stellen kann. Ein einheitliches Auftreten kann auch die Beteiligung von Menschen aus dem Stadtteil ermöglichen, wenn diese so in der Demo besser untergehen können, aber diese Bedürfnisse wurden uns vorher gegenüber nicht artikuliert, weshalb wir vorher klar kommuniziert hatten auf ein Auftreten in „schwarz“ doch bitte zu verzichten.
Zum anderen beeinflusst das Auftreten als Blackblock die Außenwirkung in einer Weise, die dem Anliegen der Versammlung nicht immer  zuträglich ist. Das hat auch mit einigen der gerufenen Parolen zu tun, die  wir kritisch bewerten und die es verunmöglichen, die Ernsthaftigkeit des Anliegens nach außen zu vermitteln. Es ist uns leider nicht gelungen, hier in einen Austausch mit den Demoteilnehmenden zu kommen. Parolen wie „Gebt dem Nazi was er braucht …“ finden wir peinlich. 
Auch wenn wir mit der Zahl von 150 Demonstrant*innen zufrieden sind, stellt sich die Frage, warum in Leipzig kaum noch größere antifaschistische Mobilisierungen möglich sind. Neben der Repression der vergangenen Jahre hat das sicher mit einem Überangebot an Versammlungen und mit der Enttäuschung  nach manchen Demos zu tun. Insbesondere aber damit, dass die Leipziger Szene untereinander nicht gut genug vernetzt ist. Uns fehlen ebenfalls Kontakte zu Teilen der Szene – gezielte Mobiveranstaltungen könnten hier in Zukunft Abhilfe schaffen. Insbesondere geht es aber darum, verloren gegangenes Vertrauen untereinander zurückzugewinnen und zu zeigen, dass Versammlungen konkrete Ziele verfolgen, nachhaltig und sinnvoll sind. Wir hoffen, mit dieser Auswertung und zukünftigen Demos dazu beitragen zu können.
Wir sehen uns bei der nächsten „A Monday Without You Demo“ in Grünau. Infos folgen, stay tuned!
Antifaschistische Vernetzung Leipzig
Fotos von der Demo: HIER